Die Seidenstraße: Der Name dieser alten Handelsroute ruft vermutlich in jedem Leser ganz unterschiedliche Vorstellungen hervor. Ob diese aus den Reiseberichten Marco Polos oder der Feder späterer Autoren stammen, die Idee einer Route, die zwei Kontinente und zahlreiche Kulturen verband und an deren Verlauf sagenhaft reiche Städte wie bspw. Samarkand lagen, fasziniert auch heute.
Doch was war die Seidenstraße eigentlich? Zunächst, der Name ist eine relativ neue Schöpfung und geht erst auf den im 19. Jahrhundert lebenden Geographen Ferdinand von Richthofen zurück. Außerdem gab es nie die eine Seidenstraße, sondern ein ganzes Wegenetz, das unter diesem Namen zusammengefasst wird. Und last but not least, die Geschichte der Seidenstraße umfasst weit mehr als 1000 Jahre Entwicklung, in diesem Zeitraum entstanden und vergingen Reiche, verschoben sich Grenzen und veränderten sich die Warenströme von und nach Europa.
Ab wann von einer einheitlichen Handelsroute gesprochen werden kann, ist nicht eindeutig zu beantworten. Einen wichtigen ersten Schritt dürfte zumindest für den westlichen Teil bereits die Einrichtung der über 2500 km langen sogenannten "Königsstraße" in Persien im 5. Jhd. v. Chr. gewesen sein. Diese begann in der Nähe des heutigen Izmir in der Türkei und reichte bis nach Susa im heutigen Iran (nahe der irakischen Grenze). Mit der Expansion des chinesischen Reiches nach Westen bis in das heutige Usbekistan wurden dann die Voraussetzungen für einen Austausch zwischen Europa und China geschaffen. Um das Jahr 115 v. Chr. grenzte das chinesische Reich direkt an das der Parther und es kam nach gemeinsamen Absprachen zur "Eröffnung" der Seidenstraße.
Darüberhinaus war die Seidenstraße aber nicht zuletzt auch ein Ort des immensen Kultur- und Technikaustausches: Schießpulver, Papierherstellung, neue Nahrungsmittel und auch Religionen wurden auf dieser Strecke "transportiert". Dieser intensive Austausch hatte jedoch auch seine Schattenseiten: Die Pest gelangte so beispielsweise nach Europa.
Der Niedergang der Seidenstraße etwa ab dem 13. Jh. war eng verbunden mit dem immer stärker einsetzenden chinesischen Seehandel und dem Erschließen neuer Märkte in Südostasien. Aufgrund hoher Zölle arabischer Stämme lohnte es sich zunehmend nicht mehr, den langen und beschwerlichen Weg auf sich zu nehmen. Als 1513 der Portugiese Jorge Álvares als erster Europäer auf dem Seeweg China erreichte, hatte sich diese Form des Handelns endgültig durchgesetzt und die ehemals blühende Seidenstraße fiel für Jahrhunderte in Vergessenheit.
Topaktuell und kontrovers diskutiert ist das besonders von China vorangetriebene Projekt, eine neue Seidenstraße zu schaffen. Durch ein seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr dagewesenes Infrastrukturprojekt soll eine schnelle Landverbindung für Waren und Rohstoffe aus und nach China geschaffen sowie der asiatische Binnenmarkt erschlossen werden.
Nun aber genug der Vorrede: Warum schreiben wir das alles? Bereits in einigen Wochen will sich Konrad auf die Spuren der alten Seidenstraße begeben. Die Idee und der Wunsch nach einem solchen Abenteuer bestehen schon seit Jahrzehnten, nur war die Umsetzung bisher nicht möglich gewesen. Leider haben äußere Umstände, wie die sich in den letzten Jahren rapide veränderte politische Lage in einigen Ländern der ursprünglich angedachten Reiseroute, aber auch der teilweise immense Aufwand für bestimmte Visa, zu einer leichten Anpassung der Route geführt. Da sein Reisegefährte in Russland aufgewachsen ist, liegt es nahe, zumindest einen Teil der Strecke etwas nördlicher zu reisen. Geplant ist die Strecke nun über die Ukraine, Teile des südlichen Russland, Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan (hier besonders der Pamir Highway, immerhin die zweithöchst gelegene befestigte Fernstraße der Welt) bis nach Kirgisien. Von dort soll es dann per Flugzeug auf die Rückreise nach Deutschland gehen.
In Teil 2 geht es mit der Vorstellung des Reisegefährts weiter.
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